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Der Richard Wagner-Verband ist am 8. März 2009 mit 31 Teilnehmern zum Besuch der "Walküre" in Hamburg aufgebrochen. Damit wurde an die fahrt zum "Rheingold" im Herbst 2008 angeknüpft, und es wird noch weitergehen, wenn der Ring in Hamburg komplettiert wird.

Lesen Sie hier einen Bericht, den wir eine Woche später auf unserem "Wagners Jour Fixe" ausgiebig diskutiert haben. Am Ende finden Sie noch einige Meinungen unserer Mitglieder.

Hamburgische Staatsoper - das gut gefüllte Haus begrüßt erwartungsfroh Frau GMD und Intendantin Simone Young, lauscht der Schilderung der Flucht und Verfolgung Siegmunds, dramatisch, aber nicht unnötig brutal, eine geniale Filmmusik des "Herrn des Ringes".

Auf der Bühne eine mickrig weiße Küche, in der ein hübsches weibliches Wesen in maus-grau erstarrt vor der Kochplatte steht, bis der an dieser Stelle von Richard Wagner nicht vorgesehene Wotan in "slow-motion" ihr das Lebenslicht anknipst. Wohl als Zeichen für Lebensfunktionen begleitet nun das Stück eine rote Signallampe.

Eine Art Penner in stein-grau erscheint, auch in "slow motion", setzt sich auf den Küchenstuhl am bescheidenen Esstisch, erhält als "Erquickung"ein Getränk von den Hamburger Wasserwerken, später ein Bier aus dem Kühlschrank und erzählt übelgelaunt seine Geschichte mit knarziger Charaktertenorstimme, wie sie einem Herodes wohl ansteht - Christian Franz als Siegmund. Zwei Kinder-Zombies "umwandeln" dabei in "slow motion" die Bühne.

Ein fescher, großer, schlanker Bass - Mickhail Petrenko - betritt die Wohnküche, sich wohltönend als Hunding und Hausherr vorstellend. Diese Wohnküche wird wohl nur ein Ausweichquartier sein, bis das Landhaus fertig ist, wo alles nach dem neuesten Stand der Technik eingerichtet sein wird, wie die als Prototyp fahrende Küchenwand, ein witziges Allzweckmöbel, beweist.

Die "Hübsche" weist alle Zärtlichkeiten des feschen Basses zurück, geht zur Hausapotheke neben dem Kühlschrank, schüttet K.O.-Tropfen in sein Bier, das er hastig trinkt, nachdem ihm der wohl wässrige Eintopf schon nicht geschmeckt hat.

Hunding legt sich auf den Fußboden - das Bett ist wohl schon im Neubau - die wandelnde Wand schirmt ihn ab, ein "slow-motion-Statist" platziert Nothung in die Wand, der Beleuchtungsmeister lässt einen Scheinwerfer herab - "siehe, der Lenz lacht in den Saal!" - und Siegmund zeigt uns überraschend zärtlich vom Hamburgischen Staatsorchester begleitet von Simone Youngs einfühlender Hand wie die "Winterstürme" im Pianissimo dem Wonnemond wichen, so wie es Richard Wagner auch komponiert hat und wie man sie sonst ganz selten bis nie hört.

So können wir auch ein wenig Heidi Brunners Sieglinde-Jubel "Siegmund - so nenn ich dich!" nachfühlen und sie singt so beglückend schön, strahlend, beseelt, jedes Wort ist zu verstehen, jede Bewegung von natürlicher Anmut, dass man die Augen schließt, und von ihrer Stimme und von Richard Wagners Euphorie-Musik davongetragen wird.

Das Vorspiel zum zweiten Aufzug, vom Meister mit "impetuosamente" bezeichnet, verheißt heftige innere Kämpfe, die nach seinem Wunsch in einem wilden Felsengebirge stattfinden sollen. Stattdessen sehen wir das gut gestylte Büro des Weltenlenkers, Wotan, Falk Struckmann, der sich im eleganten Anzug in schiefer-grau präsentiert. Seinen Befehl, das Ross zu zäumen, richtet er an eine Person im beige-grauen Kampfanzug, seine Tochter Brünnhilde, Jennifer Wilson, die gerade auf der Fensterbank gelandet war und kraftvoll und punktgenau platziert, ihre hohen H- und C-Hojohotohos singt.

Nun erscheint Fricka, elegant in schwarzem Mantel mit Pelzkragen, Lili Paasikivi singt ihre berechtigten Argumente gegen ihres Gatten wüstes Leben mit Charme, Energie und koketten Cenerentola- und Rosina-Kullern in der Stimme, nicht gerade heldisch ist das hohe Gis bei "lass auch zertreten" und das As bei "die Göttin entweiht er nicht so", aber glaubhaft, und sie bewegt sich straff und selbstbewusst wie Hilary Clinton.Siegmunds und Sieglindes inzestuöse Liebe wird nun ein Ende haben.

Der knallharte Diktator Wotan schildert mit ebenso knallharter Stimme seiner selbstlos lauschenden Tochter wie er in seiner Gier, Macht und Liebe gleichzeitig genießen zu wollen, die Welt und ihre Ordnung in krummen Geschäften verzockt hat. Warum aber übernimmt ein deutscher Bass-Bariton die scheußliche Unart der amerikanischen Kollegen, an jeden Klinger-Konsonanten, also m, n, ng und sogar r ein ö anzuhängen? Darüber gerät "man-ö" in "wahren-ö" "Zorn-ö"!

Unter Androhung von Liebesentzug und schrecklicher Bestrafung bei Ungehorsam befiehlt Wotan der verschreckten Tochter, Siegmund, den inzestbehafteten Halbbruder zu töten. Der Zwischenvorhang fällt, "zu böser Schlacht schleich" ich heut so bang", singt sie in schwerem Gewissenskonflikt und auch die Passagen in mittlerer und tiefer Lage klingen bei Jennifer Wilson gut abgerundet, dabei auch textverständlich.

Nach dem Umbau scheinen Siegmund und Sieglinde wohl in die Kanalisation geraten zu sein. Ein Plafond mit Lichtstreifen und dem aus dem ersten Aufzug bekannten roten Licht hängt über ihnen. Heidi Brunner singt ergreifend Sieglindes Selbstvorwürfe und so zärtlich wie man sie noch nie hörte zaubert Simone Young mit ihrem Staatsorchester Kammermusik und noch oft an diesem Abend dankt man ihr, dass man erleben darf, wie oft Richard Wagner zartes piano vorschreibt.

Dann erscheint Brünnhilde, flankiert von Zombie-Jünglingen in "slow-motion" zur Todverkündigung "Siegmund! Sieh auf mich! Ich bin es, der bald du folgst." immer sängerisch schwierig diese extrem tiefe Lage nach den "Rufen" am Anfang des Aktes, die bis zum hohen "C" führen.

Brünnhildes Herzschlag ist in den Pauken zu hören, stockend mit Pausen und Triolen-Stolpern bevor ein weicher Bläsersatz ihre Anrede an den Todgeweihten vorbereitet. Da keine Aktion erforderlich ist, können die Sänger sich ganz auf ihre vokale Aufgabe konzentrieren und der Zuhörer nimmt dankbar die gute musikalische und textliche Vorbereitung zur Kenntnis. Siegmund entscheidet sich gegen Walhalls Heldenparadies für das Leben mit Sieglinde und da seine Phrasen in angenehmer Lage geschrieben sind, ahnt man das natürliche Timbre von Christian Franz ohne verengenden Druck auf Kehle und Nase.

Brünnhilde beschließt gerührt gegen den Befehl des Vaters zu handeln und Jennifer Wilson "schmettert" mühelos das hohe A für den seligsten Held. Verängstigt erwacht Sieglinde aus der Ohnmacht und vermittelt uns ohne zu outrieren die Wahnvorstellungen ihrer traumatischen Erlebnisse in der Vergangenheit. "Stierhörner", Blitz und Donner begleiten den Kampf zwischen Hunding und Siegmund, Siegmund fällt, Hunding auch und so wird der Fortgang des Stückes zur Frauensache.

Die erste Szene des dritten Aufzugs, der Walkürenritt, ein Hit, ohne den kein Action-Film auskommt und der es schon bis zum Handy-Klingelton geschafft hat, soll eigentlich eine Gruppe sportlich durchtrainierter Maiden vorführen, die dazu abgerichtet wurden, ihrem Vater Wotan die Privatarmee mit kräftigen Helden aufzufüllen. Regisseur Claus Guth und sein Partner, der Bühnen und Kostümbildner Christian Schmidt, beleidigen aber unsere Augen mit einem dreckigen, schimmeligen Keller in einem Abbruchhaus, wo eine Schar Mädchen offensichtlich mit Hospitalismusschäden, dokumentiert durch Daumenlutschen, Kopfwackeln, - ihre Hochbetten umherrollen. Hässlicher geht's nimmer!

Schließt man die Augen, hört man acht prächtige Stimmen, die auch in den kurzen Soli die musikalische Qualität des Hauses beweisen. Wotan erscheint nun im blauschwarzen Mantel, beschimpft in schneidendem Ton das "weichherzige Weibergezücht." Brünnhilde stellt sich dem "wütenden Wotan", die Mädchen singen herzzerreißend "Weh" - rollen ihre Gitterbetten hinaus, die Leiter zur Abbruchkante Oberwelt, auf der Brünnhilde herum steigen muss, wird vom Göttervater hinausgetragen.

Richard Wagners herrliche Musik für das letzte Zwiegespräch, in dem der Heldenbariton und die Hochdramatische beweisen müssen, ob sie echte Schwerathleten sind, ist in diesem Bühnen-Dreckloch so deplaziert, dass man das Ende sehnsüchtig erwartet.

Mit großer Hochachtung wird wahrgenommen wie Jennifer Wilson, die letzten Seiten des höllisch schweren Gesangsparts bewältigt, und nun muss sich die arme Brünnhilde in der Hocke die Schnürsenkel öffnen und ihre Latschen ausziehen, in eine schmuddelige Decke hüllen und ihr Dienst ist beendet. Und über diesem Elend singt Wotan: "Leb wohl du kühnes, herrliches Kind!"

Auf seine Art bewältigte Falk Struckmann diese mörderisch anstrengende Partie und kann endlich Loge herbeirufen. Aber nichts da mit Feuerzauber - wohl ein Wackelkontakt bei den Neonröhren beendet das traurige Spiel.

Das Publikum schreit "Buh" für die längst anderswo tätigen "Kunst-Partner" Guth/Schmidt, feiert mit recht Simone Young mit ihrem Staatsorchester und in feiner Abstufung die Sänger.

Marie-Louise Gilles

Stimmen unserer Mitglieder:

  • Eine gut inszenierte Geschichte, bei der man vom Bühnenbild absehen muss.
  • Das Konzept vom Rheingold wurde übernommen, die Figuren wurden von Wotan gesteuert, sie spielten wie in einem Puppentheater!
  • Warum müssen das Bühnenbild und die Kostüme so hässlich sein ?
  • Eine gute Personenführung und gute Stimmen, die Regieleistung schwach!
  • Das Schwert im Küchenschrank nimmt mir alle alten, schönen Vorstellungen der letzten Jahre von dieser Szene.
  • Ein deutlich verbessertes Dirigat von Simone Young gegenüber dem Rheingold, insgesamt eine großartige Orchesterleistung!
  • Vermutlich wollte Claus Guth mit der "internatsgeschädigten" und verstörten Walkürenschar im 3. Akt auf den Unterschied zur Erlösung von Brünnhilde als freie Frau hinweisen. Leider bleiben dann dieses düstere Bühnenbild und die verängstigten Walküren am Ende einer insgesamt doch schlüssigen Inszenierung zurück.
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